Barbara

Datum: 15.12.2019

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Froher Schall?

Zu Weihnachten gibt es was auf die Ohren. Aber was genau hören und singen wir da eigentlich? Sieben Songs und ihre Geschichte – zum Dummschwätzen unterm Tannenbaum

HAPPY TRUTHAHN
Kaum erklingen die Schlittenglöckchen, will man Geschenke kaufen und den Baum aufstellen. Blöd nur, dass Jingle Bells so viel mit Weih-nachten zu tun hat, wie Schlager mit der Realität. Nicht Santa Claus saust hier durch den Schnee, sondern ein paar Jugendliche. Es geht: um Pferdeschlittenrennen und natürlich um Mädchen. Geschrieben wurde „One Horse Open Sleigh“ (einspänniger offener Schlitten) Mitte des 19ten Jahrhunderts – und zwar für Thanksgiving.
Was lernen wir daraus: Beim nächsten Jingle Bells lieber Truthahn statt Plätzchen in den Ofen schieben.

HEILIGE NOTLÖSUNG
Vor gut 200 Jahren gab in einer österreichischen Dorfkirche an Heiligabend morgens die Orgel den Geist auf. Ein Gottesdienst ohne Musik – geht gar nicht! Also stapfte der Aushilfspfarrer mit einem Gedicht, das er Jahre zuvor verfasst hatte, durch den Schnee in den nächsten Ort und bat einen Freund, dazu eine Melodie für Gesang und Gitarre zu komponieren. Das Männer-Duett Stille Nacht, heilige Nacht rettete Weihnachten. Der Legende nach wurde das Lied später vom Reparateur der Orgel in die nächsten Kirchen weitergetragen. Heute ist die Notlösung ein Welthit und das Lieblingslied von Papst Franziskus.
Was lernen wir: Weihnachtswunder gibt es!

VOM UMTAUSCH AUSGESCHLOSSEN
Für das Weihnachtsfest hatte Martin Luther sich etwas ganz Besonderes überlegt: Er schenkte seinen fünf Kindern das Lied Vom Himmel hoch, da komm ich her. Ob sie sich über die Bescherung gefreut haben, ist nicht überliefert. Das Lied ist eigentlich ein vertontes Krippenspiel mit verteilten Rollen. Von den 15 Strophen werden aber nur die ersten gesungen, weshalb der Verkündigungsengel nur dazu kommt, mit den Hirten zu sprechen, im Stall kommen die aber nie an.
Was lernen wir daraus: Vorfreude ist die schönste Freude.

ICH WILL ’NE TANNE ZUR FRAU!
Ursprünglich war O Tannenbaum ein trauriges Liebeslied, in dem sich ein Pädagoge aus Potsdam über seine Geliebte beklagt. Die Dame hatte sich wie einer dieser treulosen Laubbäume benommen, die ihre Blätter abwerfen, sobald der Sommer zu Ende geht. Ganz anders der verlässliche, immergrüne Nadelbaum. Später nahm ein Leipziger Lehrer den ersten Vers und dichtete zwei weihnachtliche dazu. So entstand das berühmte Weihnachtslied.
Was lernen wir daraus: Selbst die schlimmste Niederlage ist irgendwann ein Grund zum Feiern.

DURCHBRUCH DES KAMINRUTSCHERS
In Morgen kommt der Weihnachtsmann hatte der bärtige Herr mit Rute zum ersten Mal seinen großen musikalischen Auftritt. Davor verteilte nämlich das Christkind die Gaben. Ab Anfang des 19ten Jahrhunderts wurde es dann immer häufiger vom Geschenkesack tragenden Weißbart abgelöst. Mitauslöser: Das berühmte Lied. Übrigens hat das nicht irgendwer geschrieben, sondern Heinrich Hoffmann von Fallersleben höchstpersönlich. Ja genau, der Dichter der Deutschen Nationalhymne.
Was lernen wir daraus: Es war nicht Coca-Cola allein, durch die der Weihnachtsmann populär wurde.

FAMILIEN IM FEUERGEFECHT
Zugegeben, I’ll be home for Christmas klingt unerträglich schmalzig. Aber es geht hier nicht darum, dass sich jemand an den Feiertagen bei Mama und Papa auf die Couch kuscheln und mit Braten füttern lassen will. Dieser Song wurde 1942 geschrieben. Und wenn Bing Crosby jedes Wort sehnsüchtig in die Länge zieht, muss man sich dabei die traurigen Gesichter der amerikanischen Soldaten vorstellen, die Weih-nachten im Krieg und nicht bei ihrer Familie verbringen konnten.
Was lernen wir daraus: Gegen Heimweh hilft nur Kitsch pur.

EINS FÜR ALLES
Oh, du fröhliche ist das einzige Weihnachtslied, bei dem jeder den Text kann. Das hat System: Der Weimarer Johannes Daniel Falk schrieb es nämlich für die Kinder seines Waisenhauses, die keine Meister im Auswendiglernen waren. Der Einfachheit halber dichtete er auch eine Strophe für Ostern und Pfingsten. Ein Lied für alle Jahreszeiten.
Was lernen wir daraus: Weniger ist mehr. Besonders zu Weihnachten.